Das neue Angriffs-Ziel Erdoğans: ausländische Medien

Nachdem die türkische Regierung nahezu alle inländischen Medien gleichschalten konnte, fehlt es ihr nun an einem Feind in den Medien. Die meisten echten Journalisten sitzen heute entweder im Gefängnis oder sind arbeitslos. Aus fast allen Kanälen, Zeitungen und Kolumnen schallt das Lob auf die Regierung Erdoğans. Die Herrschenden in der Türkei suchen deswegen ein neues Hassobjekt, um das Volk einzuschüchtern. Sie fanden den Feind in den ausländischen Medien. Die Regierung Erdoğans nahm sich die „verlängerten Arme der internationalen Medienorganisationen in der Türkei“ zum Ziel.

Die regierungsnahe SETA Stiftung erstellte einen Bericht  in dem Informationen über Nachrichten bis hin zu den Tweets gesammelt werden, die Türkeikorrespondenten von Medien wie BBC, Sputnik, Deutsche Welle, Voice of America oder Euronews veröffentlichen. Mit diesem Bericht versucht SETA zu beweisen, was diese „fünfte Kolonne“ gegen die Türkei im Schilde führt.

Wer allerdings das SETA-Papier liest, versteht schnell, dass nicht die Türkei, sondern die Journalisten in Gefahr sind, die in der Türkei für die genannten Medien arbeiten. Denn „der große Bruder“ zählt in seinem Bericht die Namen der einzelnen Journalisten als Ziel auf. Er beschreibt, welchen Meldungen sie größeren Raum gaben, welche sie angeblich nicht beachteten, wen sie interviewten und wen nicht.

Ich habe den 196 Seiten langen Bericht gelesen. Hier gebe ich Ihnen einige Beispiele was für SETA offenbar wichtig ist:

Zum Beispiel wird dem türkischen Dienst der Deutschen Welle vorgeworfen, Nachrichten beim Putschversuch unkommentiert weitergeleitet zu haben.

Das Vergehen der Voice of America ist es angeblich, während des Putschversuches nicht vorbehaltlos die türkische Regierung unterstützt zu haben.

BBC-Turkey hingegen wird kritisiert, weil sie „während des Putschversuches keine Sprache der Missbilligung verwendete und keine zur Einheit aufrufenden Botschaften sendete“. Sie haben sich nicht verhört; BBC wird kritisiert, „weil (der Sender) keine Botschaft der Einheit und Solidarität für die Türkei vermittelt hat“.

Der wahre Hintergrund des Ganzen ist, dass viele talentierte Journalisten, die aufgrund des Drucks seitens der Regierung aus den türkischen Medien entlassen worden sind, nun in den ausländischen Häusern einen Platz finden konnten. Die Regierung Erdoğans versucht ihre in den weltweiten Medien immer lauter werdende Kritik stumm zu schalten, indem sie sowohl die Journalisten als auch die ausländischen Medienorganisationen zu Zielscheiben macht, die ihnen die Möglichkeit geben, zu veröffentlichen.

Es gibt keinen besseren Weg, die Kritik an der türkischen Herrschaft zu legitimieren.

Der Diktator Nord-Koreas zieht wahrscheinlich seinen Hut.

Can Dündar